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Führungsethik


Cristine Lietz/pixelio.de

In den letzten Jahren häufen sich die Berichte und Umfragen in den Medien, gemäß denen immer mehr Arbeitnehmer mit dem Stress am Arbeitsplatz und dem Druck durch den Chef immer schlechter umgehen können.

Führungsethik befasst sich mit der Frage, wie die Relation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern fair und

menschenwürdig gestaltet werden kann. In der hierarchischen Struktur eines Unternehmens sind asymmetrische Machtverteilungen Fakt. Dennoch müssen Fragen gestellt werden; wie Weisungsbefugnisse sich legitimieren lassen und verantwortungsvoll ausgeübt werden können.

Innerhalb unseres Staates garantiert die Verfassung jedem Bürger Grundrechte. In einem demokratischen Staat wie dem unseren ist dieses zum Glück selbstverständlich. In der Arbeitswelt finden die demokratischen Grundregeln leider nicht immer genügend Beachtung. Der Mitarbeiter hat nicht nur eine Rolle innerhalb seines Unternehmens, darüber hinaus ist er auch als Person anzusehen, die über Grundrechte verfügt. Als Mitarbeiter ist jemand für das Unternehmen Mittel zum Zweck, als Person, die er/sie gleichzeitig ist, ist er/sie wiederum Selbstzweck. Dies ist eine Forderung, die auf Kants Kategorischen Imperativ zurückgeht, der es verbietet, jemanden bloß als Mittel zu gebrauchen.

Die Führungsethik muss Normen formulieren, die Standards für das Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern festlegen. Sie ist dabei nur ein Teilgebiet der Wirtschaftsethik. Ihre Überlegungen sind bisher in die betriebswirtschaftliche Literatur nicht in ausreichendem Maß eingegangen.

Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen sich gegenseitig trotz der hierarchischen Struktur, in die sie eingebunden sind, als Wesen gleicher Würde ansehen. D. h. jede Person hat einen Subjektcharakter, den man ihr nicht absprechen kann. Wer das versuchen würde, käme in einen Selbstwiderspruch oder unerträglichen Zynismus.

Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich die Notwendigkeit führungsethische Grundsätze zu formulieren. Wie können nun entsprechende Normen aussehen?

Die Weisungsbefugnis des Vorgesetzten muss sich wie folgt legitimieren: sie muss funktional notwendig und arbeitsvertraglich beschrieben sein. Dabei müssen der Subjektcharakter und die humane Würde des Mitarbeiters gewahrt bleiben sowie ihm Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung gegeben werden. Zu den elementaren Persönlichkeitsrechten zählen die physische und psychische Unantastbarkeit, der Schutz der Privatsphäre und der Schutz vor Diskriminierung und Willkür.

Das bisher Gesagte mag so erscheinen, als ob vor allem die Unternehmen in die Pflicht genommen würden und Arbeitnehmer vor allem Rechte einklagen könnten, woraus man schließen könnte, dass sich Führungsethik für Unternehmen nicht rechnet. Es kann sich aber für ein Unternehmen sehr wohl lohnen, von seinen Arbeitnehmern statt blindem Gehorsam kritische Loyalität zu fordern. Das beinhaltet, dass moralisch fragwürdiges Verhalten im Unternehmen an die oberen Verantwortlichen gemeldet werden muss. Wenn Mitarbeiter aus falsch verstandener Loyalität schweigen, wenn moralische Werte missachtet oder Grundrechte anderer Menschen verletzt werden, kann das für ein Unternehmen teuer werden. Sind Mängel bereits nach außen gedrungen, muss meist ein Vielfaches aufgewendet werden, um ein schlechtes Image wieder aufzupolieren.

Die Ressourcen des Unternehmens lassen sich am besten nutzen, wenn das Verhältnis zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern kooperativ und konsensorientiert

gestaltet wird. Dabei sollte die moderne Diskursethik Leitbild für den Umgang mit einander sein. Das bedeutet, dass eine gegenseitige Anerkennung des Gegenübers als Gesprächspartner vorhanden ist, sowie die Einhaltung des Grundsatzes, dass alle Betroffenen einer Entscheidung an derselben beteiligt werden müssen.

Auch Führungskräfte können in Loyalitätskonflikte geraten, nämlich wenn sie zwischen den Erfolgszielen des Unternehmens und den dafür in Kauf zu nehmenden Nebenwirkungen, die auch unbeteiligte dritte betreffen können, abwägen müssen. Wie kann ein Konflikt zwischen Karriere und Integrität entschärft werden? Wirtschaftsethiker wie Peter Ulrich und Bruno Staffelbach fordern schon seit einigen Jahren einen Ethikkodex für Führungskräfte. Könnten sich verantwortungsbewusste Führungskräfte auf eine gemeinsame Standesethik verständigen, würde der Druck auf den Einzelnen sinken. Es wäre eine Aufgabe der entsprechenden Berufsverbände das durchzusetzen.

So vorbereitet können Führungskräfte zum Wohle aller Mitarbeiter und auch des Unternehmens selbst wirken:

1. Ethische Aspekte müssen in Führungssysteme integriert werden.

2. Bei der Formulierung der Ziele des Unternehmens müssen die ethischen Rahmenbedingungen ebenfalls festgelegt werden.

3. Auch die Personalentwicklung muss eventuelle ethische Probleme und Dilemmata thematisieren.

4. Der Begriff „Wertschöpfung“ ist vor diesem Hintergrund umfassender zu verstehen. Alle Kosten auch jene, die bisher andere (wie die Gesellschaft, die Umwelt, etc.) tragen, sind von den Gewinnen abzuziehen.

Wer in einem Unternehmen führt, dessen Verantwortung beschränkt sich nicht auf die Rolle im Unternehmen. Die ethische Verantwortung als Bürger/Bürgerin muss ebenfalls wahrgenommen werden.

#Ethik #Führungskräfte

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